Es muss am
morbiden Charme des Monats November liegen, dass in dem elften Monat des
gregorianischen Kalenders so viel passiert, Aufbruch und Niedergang dicht
beieinander liegen. Allein Wikipedia listet unter dem Stichwort 9. November
zahlreiche Ereignisse geschichtlicher, gesellschaftlicher und religiöser
Ereignisse auf – und zahlreiche Katastrophen.
Das ist nur
eine Seite dieses trüben, nebligen und mitunter eiskalten Monats. Dabei ist
sein Ruf viel besser als wir glauben. Vorausgesetzt man lässt sich darauf ein.
Dem November mit seinen Trauersonntagen kann ich nämlich etwas richtig
Entspannendes abtrotzen, was neudeutsch mit dem Begriff Entschleunigung
bezeichnet wird. In einigen Wochen schon ist davon nicht mehr viel zu spüren,
denn dann beginnt das Weihnachtskonsumgeschäft und viele Menschen arbeiten
gestresst die Wunschzettel ihrer Familie ab.
Im November
aber sind die Straßen mitunter schon am Nachmittag leergefegt. Ein Blick aus dem
Fenster verrät: Der einst blühende Garten sieht triste aus und ist von welkem
Laub übersät (nur für Leute ohne Puster natürlich!) - die Natur bereitet sich auf den Winterschlaf
vor. Zeit für mich, am Wochenende nachmittags den Kamin anzuzünden und aus dem
Weinkeller einen guten Tropfen zu holen. Wenn ich dann am Korken des gelagerten
Roten schnuppere, der mich mit seinem Aromenextrakt auf das Gläschen
vorbereitet, kann es mir nicht besser gehen: Aus dem Glas kommen herbstliche
Düfte, es riecht nach Tabak, Gewürzen und Röstaromen. Was gibt es Schöneres, am
Wein zu nippen, während draußen schon die frühe Nacht an die Tür klopft. Jetzt
hat die Stunde geschlagen, in Kochbüchern zu blättern oder einen alten Film,
den man sich das ganze Jahr schon anschauen wollte, in den DVD-Spieler zu
legen. Handy und Computer bleiben bei mir kategorisch aus. Die digitale Welt
kann mich mal!
„Herbstlich
ist jeder Rückblick, auf eigenes oder auf fremdes Leben, herbstlich ist alle
Geschichte, herbstlich ist alle Hingabe an die Erinnerung“, schreibt Hermann
Hesse in seinen „Herbstlichen Erlebnissen“.
Und es ist wirklich so: Im November
werden alte Erinnerungen wach, beispielsweise an Bücher, die man vor Jahren in
Jugendjahren mal gelesen hat. Ich schreite dann mein Bücherregal ab und hole
einen alten Roman von Patricia Highsmith hervor. Oder ich blättere in
französischen Kochbüchern, die Wintergerichte anpreisen.
„An den kalten Tagen
bevorzuge ich Wohlfühlgerichte, die lange vor sich hin köcheln und deren
wunderbarer Duft das ganze Haus durchzieht. Es gibt eben Gerichte, die man in
der warmen Jahreszeit nicht wirklich genießen kann und für genau diese Gerichte
liebe ich den Winter“, meint Mimi Thorisson in ihrem Buch „Aus meiner
französischen Küche“.
Sie lebt mir ihrer Familie in einem alten Schloss und
vielen Kindern im Médoc.
Ich mache es
ihr nach und schnibbel winterliches Gemüse für einen herzhaften Eintopf. Dazu
nippe ich an meinem Wein und Diana Kralls entspannte Jazz-Stimme begleitet mich
aus dem Lautsprecher. Jeder wie er will. Aber so liebe ich den November. Und
das lasse ich mir auch nicht nehmen........
Genießen Sie und à votre santé.... Stefan
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